Freitag, 24. August 2007

Luftwaffe / Rekrutenzeit in Belgien

Am 01.10.1943 wurde ich also eingezogen. Der Gestellungsort
war Augsburg. Ich benutzte nicht den vorgesehenen Zug sondern
fuhr früher von Essen Hbf ab. Eigentlich wollte ich mit nur kurz
die Stadt ansehen. Daraus wurde nichts, denn die Feldpolizei fing
alle Eingezogenen ab, sammelte sie zum Abmarsch in die Kaserne.
In Augsburg Pfersee war das Luftgaunachrichtenregiment
Nummer 7 untergebracht. (Welch langer Name) Es war wohl der
Einberufungstag für alle, nicht nur für Essener. In der Kaserne
angekommen wurden wir gleich in der Reihenfolge der Ankunft in
Kompanien eingeteilt und untergebracht. Der Komplex war ziemlich
groß und war etwa 30 km von den Messerschmitt-
Flugzeugwerken entfernt gelegen. Wenn es Fliegeralarm gab,
wurden diese auch angegriffen. Soweit die Standortbestimmung.
Die Unterkunft war gut und für mich besser als alle anderen vorher.
Wir waren verdammt müde und haben uns nicht groß wegen
der Bettenbelegung gestritten. Am nächsten Tag ging es Schlag
auf Schlag!
Zuerst die Einkleidung. Sie dauerte, weil ja alles halbwegs passen
musste. Wir konnten die Sachen ja auch austauschen. Die Stiefel
waren noch in Naturleder und mussten von uns geschwärzt werden.
Vorsicht - schmutzige Hände, aber Putzwolle war ja da. Uniformen und Wäsche, wohin mit dem ganzen Zeug? Einkleidung
durch die Kleiderkammer ohne große Hilfe und Beratung. Wir
hatten viel Arbeit damit!
Am folgenden Tag Empfang der Ausrüstung. Hierfür war die
Waffenkammer zuständig. W + G
Von Kopf (Stahlhelm) bis Fuß (Stiefel) bekam der Soldat Sachen
und Geräte die für ihn wichtig waren. Den Karabiner 98K bekam
jeder auch später und die Nummer wurde dann ins Soldbuch eingetragen.
Einkleidung und Empfang der Ausrüstung waren Tage voller Anstrengung
und Hektik. Eigentlich waren zwei Spinde nötig. Dann
die Zivilklamotten zu Mutter zurück schicken. Geregelter Dienstbetrieb
war nicht möglich. Und dann die Vereidigung auf unseren
Befehlshaber. Nach Unterweisungen und Übungen waren wir alle
zur Eidesleistung angetreten und die Musik spielte. Der Kommandant
sprach die Eidesformel durch das Mikrofon und wir
antworteten. Wir schwören es auch!

"Ich schwöre, dass ich dem Führer des Großdeutschen Reiches
und obersten Befehlshaber der deutschen Wehrmacht ADOLF
HITLER unbedingten Gehorsam leisten werde. Als tapferer Soldat
bin ich jederzeit bereit für diesen EID mein LEBEN einzusetzen.
So wahr mit Gott helfe!?"

Damit waren wir alle Soldaten geworden!

Ergänzung: Die Uniform war aus dem blau-grauen Einheitsstoff
der Luftwaffe. Die 1. Garnitur mit braunem Kragenspiegel und der
Vogelschwinge aus Metall. Die 2. Garnitur war die Arbeitsgarnitur.
Außerdem gab es noch das Drillichzeug für alle Zwecke. Weitere
Ausrüstung: Seitengewehr, Stahlhelm, Gasmaske mit ABC-
Plane, Koppel mit den Patronentaschen, Kochgeschirr mit Feldessbesteck,
der große Rucksack, Brotbeutel mit Feldflasche, Verbandspäckchen
usw.
Jeder bekam auch eine Erkennungsmarke aus Metall. In ihr war
der Name der Einheit mit einer Nummer eingeprägt. Bei mir zum
Beispiel: LgNRgt Nr. 7 9234.
Sie war mit einer Schnur um den Hals zu tragen und war zweiteilig
mit einer Bruchstelle in der Mitte. Bei einem Gefallenen wurde
der untere Teil abgebrochen und der obere Teil bleib hängen.
Beim RAD hatten wir den HEIL-Gruß, jetzt den militärischen
Gruß. Die ausgestreckte Handfläche wurde winkelförmig an den
Rand der Kopfbedeckung gelegt. Dies wurde auch geübt und noch
vieles mehr.
Nach 10 Tagen Hektik waren wir endlich marschbereit und konnten
mit der Ausbildung beginnen. Nicht in Deutschland sondern in
BELGIEN, wo wir dann eine Besatzungstruppe waren.
Ein Leutnant erläuterte uns die Marschverpflegung für 3 Tage:

1. Tag: 200 g Salami
2. Tag: 150 g Salami
3. Tag: 150 g Salami
Zusammen 500 g Salami
Dazu Kommissbrot und Margarine. Fortan hieß er der Leutnant
Salami!

Dann der Abmarsch zum Bahnhof und hinein in die Güterwagen.
Vom Küchenwagen bekamen wir zu Trinken. Wir waren immerhin
noch 200 Mann. Nachschub für das Ausbildungsregiment.
Über Köln und Aachen Grenze fuhren wir in die Nähe von
CHARLEROI wo auch das Regiment lag. Die Fahrt dauerte auch
tatsächlich drei Tage, weil ja die Güterzüge langsam fuhren.
Gute 100 Mann wurden in dem Örtchen Seuve-sur-Sambre untergebracht.
Auch hier war eine beschlagnahmte Schule unsere Unterkunft.
Sie hatte vier Geschosse und war ziemlich eng und sicher
nur für Kinder gedacht, auch zum Wohnen. Ich musste ganz nach
oben in eine kleine Stube unter dem Dach. Wer hatte eigentlich
die Platzbelegung vorgenommen?
Neun Mann in einer engen Stube mit Dachgebälk. Die sanitären
Verhältnisse waren grausam, der Waschraum mit den WC's (für
groß) war im Keller. Kleine WC's auf jeder Etage waren nicht
benutzbar, da nicht abfloss. Klamotten untergebracht und Betten
belegt. Gut, dass wir die großen Rucksäcke hatten. Wir mussten
immer rauf und runter, die Anderen waren besser dran. Die Verpflegung
lief an, mager und gesund. Dann kam ein Unteroffizier
und stellte sich als Albert Liebheit vor. Er hinterfragte bei unserer
Vorstellung einige Sachen. Kurzum als er alle befragt hatte, ernannte
er mich zum Stubenältesten.
Dies war mein Pech, denn es stellte sich heraus, dass zwei von uns
echte Wiener (Schlawiner) waren. Später hatte ich nur Ärger mit
den beiden (Reinhold und Kurt). Jedes zweite Wort von den beiden:
"Ich bin doch nicht deppert!" An das Gebäude und an das
Umfeld gewöhnte man sich nur langsam. Unten im Hof neben
dem Eingangstor, ein kleines Häuschen und darin war unsere Bewachung.
Allmählich begann unsere Ausbildung wie für die Infanterie vorgesehen
und Weiterbildung als Funker. Laut Dienstplan meistens:
8.00 Uhr bis 11.55 Uhr Geländedienst und von 14.00 Uhr bis
18.00 Uhr Funkerdienst und exerzieren. Gruppeneinteilung damit
keine Überschneidung möglich war, 50 zu 50 Mann. Der Geländedienst
war auf einer sehr großen Wiese, die früher Kuhweide
war. Hinlegen und robben wurde reichlich geübt mit der Braut des
Soldaten, dem Karabiner 98K! Seitengewehr pflanzt auf, liegend
gar nicht so einfach. Geschossen wurde mit Platzpatronen, wir
mussten uns ja den Belgiern bemerkbar machen. Die Hülsen
musste jeder selbst einsammeln. Es wurde alles geübt was auch im
Erdkampf möglich war.
Eines Tages musste ich von der Waffenkammer ein MG15 abholen
mit Übungsmunition. Ein Kamerad ging mit. Es war ein Dreibein
MG mit 75 Schuss in der Trommel für 8 mm Patronen. Das
MG15 war die Standardwaffe. Liebheit machte mich gleich zum
MG-Schützen 1. Er kommandierte immer: Einen kurzen Feuerstoß
auf den Waldesrand. Die anderen wollten ja auch schießen.
Schnell waren die 75 Schuss verballert! Und dann Laufwechsel
mit Asbesthandschuhen, denn die Waffe hatte Luftkühlung. Als
Schütze 1 war ich für die Reinigung verantwortlich. In den acht
Wochen Geländedienst in allen Varianten. Rückmarsch mit Gesang:
"Es ist so schön Soldat zu sein, Rosemarie, nicht jeder Tag
bringt Sonnenschein, Rosemarie! Übung macht den Meister, aber
was passiert im Kampf mit dem Feind?"
Nachtrag: Wir waren auch zweimal zum Scharfschiessen!
Nach dem Geländedienst war kaum Zeit zum Reinigen und Säubern
unserer Anzüge und Ausrüstung. Der Waschraum war überfüllt
und bald gab es das Mittagessen. In zwei ehemaligen Klassenräumen
waren Tische und Bänke aufgestellt. Wenn es laut Plan
SUPPE gab, holten wir immer mit Kochgeschirr die 1 1/2 Liter ab.
Die Essensausgabe war am "Küchenschalter".
Dann gute Mahlzeit! Richtig satt wurden wir nie. Von 14 bis 18
Uhr exerzieren auf einem freien Platz mit einem Rondell am Ortsrand.
An einer Seite eine kleine Mauer und dahinter floss die
SAMBRE. Die üblichen Kommandos wurden ausgeführt, es
musste alles zackig sein. Unheimlich viele Möglichkeiten gab es.
Neu war das GRÜSSEN lernen. Einzeln an Leutnant Salami vorbei
gehen und fünf Schritte vorher mit der richtigen Haltung beginnen.
Die rechte Hand gestreckt im Winkel an die Kopfbedeckung
legen. Wenn wir Ausgang bekommen sollten wir wenigstens
zackig grüssen können. Bei trockenem Wetter war alles gut.
Jeden zweiten Nachmittag war Funkausbildung. An den Morseschreibern
MS1 wurde telegrafiert. Das Morsealphabet zu beherrschen
war Voraussetzung. Was getastet wurde war ja auf dem Papierstreifen
sichtbar. Der Ausbilder tastete mit einem Gerät die
Morsezeichen laut hörbar. Klartext und Gruppentext mit je fünf
Zeichen schrieben wir auf. Dies war Telegrafie tönend und nannte
sich Funken. Das funkerische Gehör war hier gefragt. Geben und
hören war hier gefragt und war nur durch üben zu erreichen. Wer
nicht vorgebildet war, der war schlecht dran. Unsere beiden Wiener
habe ich im späteren Bordfunkerlehrgang nicht mehr gesehen.
Unteroffizier Liebheit war immer korrekt, sogar höflich. Einmal
beim Geländedienst sprach er mich an: "Rekrut, gestatten
Sie, dass ich anfasse?" Ich: "Warum?" "Ihr Stahlhelm sitzt ganz
schief!" Liebheit war gelernter Krankenpfleger.
Der andere Unteroffizier hieß Bouffier, wir nannten ihn Puffjeh,
natürlich nur heimlich. Er hatte bestimmt Abitur, denn er sprach
gut französisch. Er hatte eine Freundin und wir marschierten mit
Gesang an ihrem Haus vorbei. Ob sie später die Rache der Resistance
überlebte?
In einer Nacht gingen wir auf Streife. Bouffier mit umgehängter
MP vorweg und wir (neun Mann) hinterher. Nach einiger Zeit
klopfte er an eine Haustür und wir konnten alle hinein. Es war
eine Bar und er begrüßte die Madam wie eine alte Bekannte. Jeder
bekam einen Schnaps zum Aufwärmen.
Nach vierjähriger Besatzungszeit waren die Deutschen nicht nur
verhasst!
Wir bekamen unseren Sold mit Zulage in belgischen Franken ausgezahlt.
Beim Ausgang ab in den Ort, wir konnten ja jetzt anständig
grüßen. Im Soldatenheim gab es fast immer nur das Stammessen.
Im Café de Sports gab es kleine runde Törtchen mit Obst oder
Creme. Hier mussten wir sogar dafür "Brotmarken" abgeben.
Dann gab es das berüchtigte "Café Hemd hoch" in Maubeuge. Es
lag in Frankreich und war 10 km entfernt. Mancher wagte den 20km-
Marsch.
Auf dem Dachfirst unserer Unterkunft war ein Luftraum-
Beobachtungsstand eingerichtet. Größe etwa 2 x 2 m und etwa mit
1,20 m hohen Bordwänden. Er wurde nur nachts mit zwei Mann
besetzt und hatte Telefonverbindung zur Torwache. Fernglas und
Kompass als Ausrüstung waren vorhanden. Etwaige feindliche
Luftlandungen und Flugzeuge sollten beobachtet werden.
Während der 10 Wochen Ausbildung hatte ich auch dort meinen
anteiligen Dienst versehen. Im Allgemeinen verlief die Zeit ziemlich
ruhig. Ausgang nur mit Seitengewehr und nicht allein.
Warum sollten die Alliierten ein verbündetes Land bombardieren?
Die Resistance wusste genau, wenn es tote deutsche Soldaten gab,
rückte die SS an und räumte auf.
Unsere Ausbildung war also dreiteilig: Geländedienst, Exerzieren
und Funkerausbildung.
Gleich Anfang Januar 1944 begann für mich und andere die eigentliche
Bordfunkerausbildung, und zwar an der Ostsee.

1 Kommentar:

pallomajaavan hat gesagt…

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